Angelika Riley ist unsere Kuratorin der Ausstellung „Mythos Chanel“. Schon seit 1985 ist sie für das Museum für Kunst und Gewerbe tätig. Nachdem sie ein Pädagogikstudium anfing und eine Ausbildung zur Handwerberin machte, beginnt sie ihre Berufslaufbahn in der Textilrestauration. Wir haben uns mit ihr über Kunst, Mode und Tradition unterhalten.
Frau Riley, gab es einen bestimmten Punkt, an dem Sie ihr Interesse an Mode festgestellt haben?
Ja, als ich in der Ausbildung zur Handweberin war, habe ich für das Kloster St. Marienberg gearbeitet und dort habe ich viele schöne mittelalterliche Textilien gesehen, die so viel Schönheit, Tradition und Textilkunst in sich tragen. Seitdem war ich an Textilrestaurierung interessiert.
Wie sehen Sie Mode im Verhältnis zur Kunst?
Mode ist fast nicht mit der freien Kunst vergleichbar. Das, was wir im Alltag tragen ist keine Kunst. Es gibt natürlich Designer, die künstlerisch an das Thema Mode herangehen. Dann kann Mode der Kunst nahe kommen. Man sieht ja auch bei Designern wie Helmut Lang, Karl Lagerfeld oder Wolfgang Joop, dass sich viele von ihnen noch eine andere künstlerische Arbeit und Ausdrucksmedien suchen, um sich ausleben zu können.
Was hindert Mode denn daran Kunst zu sein?
Das größte Problem ist, dass Mode ein Geschäft ist. Die Designer müssen jedes Jahr so viele Kollektionen kreieren, dass der künstlerische Gedanke zu kurz kommt – Mode ist einfach zu kommerziell.
Was würden Sie sagen, welche Designer oder Bewegungen die Mode nachhaltig verändert haben?
Es gab viele Punkte in der Bekleidungsgeschichte, an denen die Mode sich verändert hat. Zunächst waren da Designer wie Coco Chanel, Paul Poiret, Christian Dior und Yves Saint Laurent.
In den 60ern hat dann die Hippie-Mode zu einem Bruch geführt. Im gleichen Jahrzehnt wurde der Minirock erfunden. Zu dieser Zeit hörte das Trend-Diktat der Pariser Haute Couture Modehäuser auf und Mode wurde demokratisiert.
Ab Ende der 70er, Anfang der 80er waren dann die japanischen Designer auf dem Vormarsch. Issey Miyake, Rei Kawakubo und Yohji Yamamoto prägten einen ganz neuen Stil. Sie haben die Mode bereichert, weil Kleidung sich bei ihnen nicht mehr unbedingt an der Figur orientieren musste und sie eine ganz andere Schnittführung und Konstruktion wählten. Das Kleidungsstück hatte so seinen ganz eigenen Auftritt.
Weitere wichtige Designer sind außerdem die Antwerp Six, die Mitte, Ende der 80er ihren Durchbruch hatten. Martin Margiela gehörte zwar nicht zu dieser Gruppierung, aber auch er revolutionierte die Mode.
P.S.: Morgen um 12 Uhr führt Frau Riley durch die Chanel-Ausstellung. Wer Lust hat, sich von der Kuratorin persönlich in den Mythos Chanel einführen zu lassen, der sollte den Sonntagsfokus nicht verpassen!